Wie ich meinen künstlerischen Stil gefunden habe – und warum das so viel mehr bedeutet als nur „schön malen“
- Laura Gilliar Weber
- 2. Juli
- 5 Min. Lesezeit
In diesem Beitrag möchte ich dich mitnehmen auf meine persönliche Reise zur Kunst – und dir zeigen, wie sie über viele Jahre zu meinem heilsamen Begleiter geworden ist. Schon als Kind hat sie mir Halt gegeben, in schweren Zeiten war sie mein Ventil – und irgendwann wurde sie zu einem Weg, über den ich mich selbst wiedergefunden habe.
Vielleicht kennst du dieses Gefühl auch: Da ist etwas in dir, das sich ausdrücken möchte. Eine Sehnsucht, dich zu zeigen – echt, pur, unverstellt. Vielleicht bist du gerade an einem Punkt in deinem Leben, an dem du dich fragst, wie dein ganz eigener Stil aussieht. Deine kreative Handschrift. Deine Wahrheit.
Ich bin mittlerweile 29. Und obwohl ich schon als kleines Kind ununterbrochen gemalt habe – mit leuchtenden Augen, voller Hingabe – würde ich sagen, dass ich meinen wahren Stil erst vor etwa fünf Jahren wirklich entdeckt habe. Und das auch nur, weil ich begonnen habe, loszulassen: den Druck, Erwartungen zu erfüllen. Den Anspruch, „eine gute Künstlerin“ zu sein. Den Gedanken, gefallen zu müssen.
Rückblickend war das Malen schon immer mein sicherer Raum. Mein Zuhause. Während andere gebastelt, Musik gemacht oder sich für Sport begeistert haben, habe ich gemalt. Nicht, um zu beeindrucken, sondern weil es sich einfach richtig angefühlt hat. Ich bin nie lange still gesessen, außer wenn ich gezeichnet habe. Da war ich plötzlich ruhig. Da war ich ganz ich.
Früh wurde mir gesagt, ich hätte Talent. Heute denke ich: Was wir Talent nennen, ist oft einfach Hingabe. Eine tiefe Freude am Tun, die von innen kommt. Wenn wir etwas lieben – wirklich lieben – dann schenken wir ihm Zeit. Und durch diese Zeit entsteht Können. Ich glaube: Leidenschaft mal Regelmäßigkeit = Talent.
Trotzdem: Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem das Freie verloren ging. Wenn du gut malen kannst, dann sollst du es auch „richtig“ lernen, heißt es oft. Also begann ich, Techniken zu üben – Schattierungen, Perspektive, Proportionen. All das hatte seine Berechtigung, aber es brachte auch etwas mit sich: Ich vergaß, wie ich eigentlich angefangen hatte. Ich entfernte mich von meinem Gefühl.
Ich malte, um im Außen eine lobende Reaktion zu suchen. Für Bestätigung. Aber nicht mehr, um mich zu spüren.
2018 war ein Wendejahr. Ich hatte Ängste – familiäre, finanzielle, existenzielle, wie noch nie zuvor. Ich fühlte mich innerlich zerrissen, wütend, haltlos. Und irgendwann merkte ich: Ich brauche Hilfe und komme allein nicht mehr gut klar. Ich begann eine Therapie. Aber schon in den ersten Sitzungen wurde mir klar – ich konnte kaum sprechen. Ich weinte nur. Und als ich mir wünschte, gehalten zu werden und Unterstützung zu bekommen, sagte mir die Therapeutin, sie könne mir nicht helfen, wenn ich nicht rede. Zwei Wochen später wurde ich aus der Praxis verabschiedet – sie nahm ab sofort nur noch Privatversicherte an. Ich fühlte mich dadurch trotzdem sehr abgelehnt und der Frust staute sich umso mehr in mir auf.
Das war ein schmerzhafter Moment. Aber er war auch der Auslöser für meine eigene seelische Heilung.
Noch am selben Abend griff ich nach langer Zeit wieder zu Papier und Farbe. Ich saß in meinem kleinen WG-Zimmer – nur acht Quadratmeter groß – und begann zu malen. Nicht für jemand anderen. Nur für mich. Ohne Plan, ohne Motiv. Und zum ersten Mal seit Jahren hatte ich das Gefühl: Das bin ich.
Während ich malte, liefen die Tränen. Ich ließ einfach alles zu – meine Wut, meinen Frust, meine ganze Überforderung. Ich zeichnete frei, wählte intuitiv Farben, ließ Formen entstehen, ohne zu überlegen. Es war, als würde meine Hand genau wissen, was sie tun musste. Und als ich fertig war, war da plötzlich so viel Erleichterung. Die Last, die ich so lange in mir getragen hatte, lag nicht mehr nur in mir – sie lag jetzt vor mir, auf dem Papier.
Wenn ich diese Bilder heute betrachte, kann ich mich noch immer in dieses Gefühl hineinversetzen. Ich sehe, was meine Seele mir sagen wollte. Und genau da wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie kraftvoll Kunst sein kann – nicht nur als Ausdruck, sondern als echte, heilende Sprache. Seitdem bin ich tief verbunden mit kunsttherapeutischen Mitteln. Sie helfen, zu verstehen, was wir oft nicht in Worte fassen können.
Damals wusste ich noch nicht genau, was passiert war – aber ich spürte: Das war echt. Das war meiner. Mein Ausdruck.

Wenig später zog ich in ein Studentenwohnheim in München. Ich studierte Innenarchitektur – ein Studium, das mir Struktur schenkte, aber auch Raum zur Entfaltung ließ. In meiner freien Zeit griff ich wieder häufiger zu Farben und Pinseln. Ich wurde mutiger, experimentierfreudiger – und nach und nach entstand etwas Eigenes. Eine Handschrift. Mein Stil.
Ich traute mich wieder an persönliche Motive heran, an intuitive Bilder, geführt von meinen Emotionen. Dabei entstanden ganz unterschiedliche Ausdrucksformen – und doch erkannte ich mich selbst in all meinen Werken immer klarer.
Da war ein Teil in mir, der sich in liebevollen Details verlor. Und ein anderer, der großflächig und unperfekt sein wollte. Ich durfte ausprobieren, spielen, Fehler machen – und auf diesem Weg so viel über mich selbst lernen.
2019 reiste ich nach China – in eine traditionelle Kampfkunstschule. Eine Reise, die nicht nur meinen Körper forderte, sondern mein Innerstes tief bewegt hat. Dort begegnete ich dem Taoismus – einer Philosophie, die mich bis heute begleitet und prägt. Sie lehrte mich, dass alles in Verbindung steht: Licht und Schatten, Bewegung und Stille, Kontrolle und Loslassen. Diese Weisheit hat mein Verständnis von Leben – und von Kunst – verändert.
In dieser Zeit begann ich, Motive zu malen, die von dieser Welt inspiriert waren: Drachen, Kraniche, Lotusblumen. Symbole, die für mich Kraft, Transformation und die Schönheit des Natürlichen ausdrücken. So entstand meine erste kleine Kunstmarke: DEIVI Wisdom Art. Eine Verbindung aus fernöstlichen Weisheitslehren und meinem eigenen Stil.
Doch irgendwann spürte ich: Ich will zurück zum Ursprünglichen. Weg vom Digitalen, zurück zu echten Materialien. Pinsel. Leinwand. Farbe. Ich wollte wieder fühlen, was ich erschaffe. Spüren, wie meine Hände gestalten. Und trotzdem fand ich immer wieder Ausreden: „Du hast keinen Platz“, „Das Material ist zu teuer“, „Warte, bis du ein Atelier hast …“
Bis eines Tages ein Moment kam, in dem alles klar wurde. Ich saß in einem kleinen Café und skizzierte – einfach so – eine Löwin und einen Kranich. Das Bild kam ganz spontan zu mir, wie gesendet. Ich konnte nicht anders, als es später in Öl umzusetzen.
Es wurde mein erstes Gemälde, das ich wirklich für mich malte – aus dem Inneren heraus. Und es wurde mein erstes verkauftes Werk. Für 800 Euro. Gekauft von jemandem, der mich gerade erst kennengelernt hatte.

Und ich wusste: Wenn ich meiner Intuition folge, geschehen Dinge, die ich nicht planen kann. Aber die sich vollkommen richtig anfühlen.
Heute weiß ich: Kunst ist mein Weg. Nicht, weil ich damit erfolgreich sein will – sondern weil ich damit bei mir bin. Weil ich mich dadurch spüre. Weil ich anderen etwas geben kann, das Worte oft nicht schaffen.
Ich wünsche dir, dass du auch deinen Ausdruck findest. Dass du dich traust, nicht perfekt zu sein. Dass du den Stift in die Hand nimmst – und deinem Inneren Raum gibst.
Denn die Bilder, die in dir leben, sind vielleicht der ehrlichste Teil von dir.
Mit Liebe,
Laangiwe
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